2013/09/11

Mister atTENTion: der NACHnachtrag

Tja, liebe Leserinnen und Leser...

lange lange ist es her, dass ich das Kapitel "Mister atTENTion" offiziell für beendet erklärt hatte und zwanghaft versuchte, den Gedanken an diesen beziehungsunfähigen Kerl ein für alle Mal aus meinem Leben zu streichen. 
Doch irgendwie kam alles anders...

Die Gedanken an diesen Mann ließen mich nicht mehr los, ich war unendlich traurig und am Boden zerstört über das jähe Ende unserer Datingphase und zwang mich pausenlos dazu, einen adäquaten Ersatz für ihn zu finden. Ich stürzte mich Hals über Kopf in so manches Abenteuer, ohne an etwas zu denken...außer an Mister atTENTion. Schließlich war ich so verkorkst, dass ich es tatsächlich für eine gute Idee hielt, mich noch einmal mit ihm zu treffen, um für mich persönlich einen Schlussstrich ziehen zu können. Ich war es leid, schlecht gelaunt durch die Welt zu streifen und mich abends bei"Hätte-wenn-und-aber-Märchen" in den Schlaf zu heulen. Ich nahm also all meinen Mut zusammen und machte mich auf die Reise zu Mister atTENTion.
Doch irgendwie kam alles anders...

Es war, als sei nie etwas zwischen uns gestanden. Es war, als sei jeder Fehler, der zuvor zwischen uns geschehen war, mit einem Mal vergessen. Es war, als kannten wir uns schon ewig und gleichzeitig war es ein Gefühl wie am ersten Tag in einer Schule wo man noch keinen kennt...vorsichtige Neugier und Freude auf die kommende Zeit paarten sich schneller als Mister atTENTion und ich den Weg ins Bett fanden. 

Logischerweise war mir am nächsten Tag nicht sonderlich danach, meine Zelte abzubrechen und meine Festivalliebe wieder in der Versenkung verschwinden zu lassen. Aber scheinbar war ich dieses eine Mal nicht die einzige, die solche Gedanken hegte. Als hätte man einen Schalter in Mister atTENTions Kopf umgelegt, verhielt er sich plötzlich so, wie ich es mir die Monate zuvor sehnlichst gewünscht hatte. Unsere erneute Begegnung schien auch nicht spurlos an ihm vorbeigegangen zu sein. Ich glaubte dennoch nicht daran, dass er sich für ein kurzes Aufflammen von Gefühlen ändern und sich dauerhaft zu mir hingezogen fühlen könnte.
Doch irgendwie kam alles anders...

Um die Geschichte abzukürzen und niemanden mit billigen Liebesparolen zu langweilen, sind die darauffolgenden Monate etwas abgekürzt. 
Aus einem Zelt auf dem Campingplatz des Festivals wird in kleinen Schritten eine Wohnung, die von Wochenende zu Wochenende mehr Gestalt annimmt (und in der sich von meiner Wenigkeit weit mehr als nur eine Zahnbürste und ein Duschgel befinden). Aus einer schier unmöglichen Aufgabe, eine Fernbeziehung zu führen wurde eine logistische Meisterleistung kreiert, die nur dann zustande kommen kann, wenn beide Parteien sich gleichermaßen vermissen und umeinander bemühen. Aus der rastlosen Singlefrau Miss Bittersweet Sth wurde eine - der Monogamie verfallene - treusorgende Freundin.  Und aus einem Zelt auf dem Festival 2012 wurde ein Zelt auf dem Festival 2013.

Tja, liebe Leserinnen und Leser. Es scheint, als habe ich in Mister atTENTion nun meinen Meister gefunden. Und nach über einem halben Jahr der intensiven Prüfung freue ich mich darüber, hier einen Satz zu schreiben, der aus ganzem Herzen kommt...und der das Highlight einer modernen und unkonventionellen Lovestory ist, wie sie nur das Leben schreiben kann. 

Ich habe meinen Mister Perfect gefunden:
Mister atTENTion is Mister Perfect to me!!!


2012/12/31

Mister X-mas

In der Nacht, in welcher Christen auf der ganzen Welt der Geburt Jesu gedenken und die ganze Familie besinnlich und in trauter Eintracht Weihnachtslieder unter dem festlich geschmückten Baum singt - war es an der Zeit, sich die mühevolle Adventszeit und die gespielte Freude wieder vom Leib zu tanzen.
Direkt im Anschluss an die Bescherung zogen meine beste Freundin und ich also los, um in einem als "Discothek" deklarierten Tanzlokal die Krippe ordentlich zum Beben zu bringen. Etliche Weinschorle später begann sodann der Männerfang, der sich von der Tanzfläche aus auf den separaten VIP - Bereich ausdehnte. Dort lauerte bereits Mister X-mas, der mir rein äußerlich sehr ansprechend erschien.

Nach einem kurzen Plausch zog ich jedoch die Gesellschaft eines anderen Jünglings vor, der deutlich offensiver um meine Gunst warb. Als sich jedoch herausstellte, dass eben dieser Jüngling in Kürze von seiner Langzeitfreundin freundlicherweise abgeholt wird, zog ich mein unausgesprochenes Angebot (und meine Zunge) wieder zurück und widmete mich leicht deprimiert wieder der Tanzfläche.

Die Stunden vergingen wie im Flug und schließlich wurde der Innenraum der Discothek gleißend hell erleuchtet. Doch nicht wie in der Weihnachtsgeschichte handelte es sich hierbei um den Schein eines Sterns sondern vielmehr um das Signal der arbeitenden Belegschaft, dass es nun an der Zeit sei, den Heimweg anzutreten. Na toll! 
Gerade als ich mit meiner besten Freundin und ihrer männlichen Begleitung zur Garderobe pilgerte, kreuzte Mister X-mas wieder meinen Weg und sprach mich an. An jedem anderen Tag hätte ich mich nicht mit einem Kerl abgegeben, den ICH wohlgemerkt erst vor einigen Stunden aussortiert hatte, doch in der Weihnachtsnacht kam er mir vor wie ein Zeichen des Himmels. 
Ein unglaublicher Zufall machte dieses Zeichen sogar noch deutlicher:
Vor einigen Monaten schickte meine beste Freundin mir ein Nacktfoto von drei sehr nett anzusehenden Männern, von denen einer ihr sexueller Gespiele war. Schon immer tendierte ich zu dem Exemplar, das in der Mitte dieses Fotos zu sehen war. Anhand seiner zahlreichen Tattoos identifizierte ich  Mister X-mas als diesen ominösen Nackedei und freute mich somit doppelt auf die vor uns liegenden Stunden. Unter ununterbrochenem Gelächter bestätigte meine beste Freundin diese Entdeckung und pflichtete mir bei, mich mit diesem Schnittchen zu vergnügen. 

So traten wir die unendlich lange Heimreise zu meinem Elternhaus gemeinsam an. 
Der Weg zog sich so in die Länge, dass  ich schon befürchtete, fälschlicherweise nach Jerusalem zu laufen. Aufgrund der horrenden Distanz verkündete meine innere Uhr sogar, dass ich auf diesem Weg gar die Zeit gehabt hätte, ein Kind zu gebären. Da die Reise aber schon einmal angetreten war, sollte sie auch zu Ende geführt werden. 

Dies gestaltete sich schwieriger als gedacht, weil die Zeit des Laufens ja auch überbrückt werden musste. Leider fiel mir erst zu diesem Zeitpunkt auf, dass Mister X-mas deutlich mehr Tinte unter der Haut als Hirn im Kopf hat! Die eingebildete Art ungebildeter Leute ekelte mich schon immer an und seine Äußerungen, die um Längen das Thema des aktuellen Gesprächs verfehlten, waren wie Nadelstiche in meinem zermarterten Hirn. Es tat fast schon weh, mit ihm zu sprechen. Auf diese Art und Weise disqualifizierte er sich schon vor Erreichen meiner Haustür als potentieller Lover und ordnete sich in die Kategorie "One night stand" ein. 

Als ich mich im Badezimmer frisch machte, musste ich schon über seine Dummheit schmunzeln. Aber immerhin konnte ich einmal in meinem Leben überprüfen, ob an dem Spruch "Dumm fickt gut" -wörtlich genommen- etwas DRAN ist. 
Mein nächtliches (oder vielmehr frühmorgendliches) Experiment, das ich selbstlos und rein zum Nutzen der Menschheit sodann durchführte hatte ein klares "JA" zum Ergebnis. Beschweren konnte frau sich wirklich nicht über die geleistete Sporteinheit. Dennoch musste ich mehrmals dem Drang widerstehen, mich nicht auf sein Gesicht zu setzen - und zwar nicht, um diese Handlung im sexuellen Sinne zu genießen, sondern um Mister X-mas vom Reden abzuhalten. Direkt im Anschluss an den Sex kuschelte sich Mister X-mas in die Bettdecke, um direkt in den Schlafmodus überzugehen. 

Ein Anruf meiner besten Freundin, die ein baldiges Frühstück in trauter Zweisamkeit in Aussicht stellte, hielt ihn dann vom Schlafen ab. Nur weil Weihnachten war, war ich schließlich nicht zu sozialem Verhalten verpflichtet. Dem leicht irritierten Mister X-mas blieb  also nichts anderes übrig, als sich wieder in seine Klamotten zu schwingen und mit mir gemeinsam ins Auto zu steigen. Ich war (und bin bis heute) der Meinung, dass seine Dummheit ein Aussetzen in ländlichen Gebieten begünstigt und wünschte dem Orientierungslosen eine gute Heimreise. Mister X-mas war ziemlich geschockt, aber das tangierte mich eher weniger, als ich mich bei meiner besten Freundin unter die Bettdecke kuschelte...wo kämen wir denn hin, wenn wir zu jedem Mann freundlich wären?

Fazit des Abends:
Nicht jeder hat Gold, Weihrauch und Myrre verdient. 

2012/12/23

Mister Close

Wie kein anderes Schicksal ähnelt das von Mister Close dem meinigen. 
Vor einigen Jahren wohnten wir in der Blütezeit unserer Pubertät in einer Wohngemeinschaft zusammen, die uns vor ungeahnte Probleme und Herausforderungen stellte. Frühzeitig dem Elternhaus "entflohen" sahen wir uns alsbald ins kalte Wasser geworfen und mussten beginnen, erwachsen zu agieren obwohl wir zuvor noch nicht einmal mit einem unliebsamen Pickel im Gesicht klar gekommen waren. Im darauf folgenden Jahr wurden wir mit dem eigenständigen Leben konfrontiert, das uns deutlich mehr abverlangte, als wir es uns eingestehen wollten. Heimweh, Konflikte, Rückschläge, Selbstzweifel, Verantwortung und Entscheidungen brachten uns regelmäßig um den Schlaf. Dies alles waren Probleme, die Kindern in unserem damaligen Alter noch völlig fremd sein sollten. Phasenweise waren wir mit all den Anforderungen an unsere Personen überfordert und es fiel uns nicht immer leicht, die Weichen für unser zukünftiges Leben selbst zu stellen. 
Obwohl wir uns vor dieser außergewöhnlichen Maßnahme unbekannt waren, wuchsen Mister Close und ich immer weiter zu einer Verbindung zusammen, die positive Entwicklungen zu verbuchen wusste. 

Nach erfolgreicher Beendigung der Maßnahme verloren Mister Close und ich uns aus den Augen. Der Stil, in dem wir unser Leben weiterführen wollten, war nicht derselbe und so hatte ich offen gestanden Angst, mich von seinen - nicht gerade mustergültigen - Entwicklungen anstecken zu lassen und den Sprung in ein eigenständiges und gesellschaftlich anerkanntes Leben zu verpassen. Ob dem Kontaktabbruch nun reiner Selbstschutz oder eine gewisse Egozentrik zu Grunde lag, kann ich bis heute nicht eindeutig ausmachen. 

Fakt ist, das viel (zu viel) Zeit ins Land ging, bis sich Mister Close und ich wieder über den Weg liefen. Lange Jahre hatten wir keinen Kontakt zueinander und wussten nichts über den Werdegang des Menschen, mit dem wir so viele Erlebnisse und Entwicklungen geteilt hatten.  Wie ein weißer Fleck auf einer Landkarte war Mister Close zwar nie in Vergessenheit geraten, aber dennoch verblasst und zu einem ungeklärten Mysterium geworden. 
Durch Zufall kreuzten sich unsere Wege bei einem Festival und von diesem Moment an ebbte der Kontakt zwischen uns beiden nicht mehr ab. Dennoch kam es zu keinem Treffen, da dies aufgrund der beruflichen Verpflichtungen nicht möglich war. 
Doch in der mir verhassten Weihnachtszeit sollte der eingereichte Urlaub eine Verabredung möglich machen, bei welcher zwei unterschiedliche, persönliche Geschichten analysiert und besprochen werden sollten. Eine Reise in die ehemalige, gemeinsame Wohnung sollte den Rahmen für das erste Treffen bilden. 

Etwas aufgeregt sah ich der Verabredung dennoch entgegen.
Ich hatte -ähnlich wie bei einem Blind Date- nicht die geringste Ahnung, was mich erwarten würde. Ich wurde immer nervöser, da sich das Treffen auch als ein Reinfall darstellen könnte. In meinen schlimmsten Vorstellungen saßen wir ohne Gesprächsstoff in der Wohnung und warteten, bis es wieder Zeit war, zurück zu fahren. Im Anschluss lebten wir unsere Leben ohne Beteiligung des anderen weiter als hätte es die innige Verbindung niemals gegeben.

Doch es sollte anders kommen:
Zwischen mittags 13 Uhr und 10 Uhr des Folgetages spielten sich Szenen ab, die ich in meinen kühnsten Träumen nicht vorhergesagt hätte. Das Eis war bereits gebrochen, als wir uns auf der Hinreise befanden. Es galt, mehrere ereignisreiche Jahre aufzuarbeiten und die Persönlichkeitsentwicklungen des jeweils anderen unter die Lupe zu nehmen. Wir entdeckten Gemeinsamkeiten en masse und stellten immer wieder von Neuem fest, dass sich unsere Meinungen zu sämtlichen Themen stark ähnelten. Humorvoll wurden mehrere Jahresrückblicke erschaffen, Themengebiete erkundet und Ex - Beziehungen abgehandelt. Wir lästerten über Nachbarn, peinliche Mitschüler und Menschen, denen es nicht gelang, die Maßnahme ordnungsgemäß zu Ende zu führen. Neben Politik, Musik, Bildung und Berufsleben standen etliche Themen des Privatlebens auf dem Prüfstand, welche eigentlich nie in einer Konversation mit einer Person auftauchten, der man nicht sehr nahe steht. 
Wir waren offen, unverschämt ehrlich und trotz der intimen Schwerpunkte so gelöst wie selten zuvor. Wie eine geheime Verbindung zog sich ein roter Faden durch die Ereignisse in unser beider Leben - häufig hatten wir die gleichen Erfahrungen machen müssen (und dürfen) und waren uns aufgrund dieser Tatsache so vertraut wie es kaum ein anderer hätte sein können. 

Die Stunden vergingen im Flug und der Gesprächsstoff schien kein Ende zu nehmen. 
In der Wohnung von Mister Close wurde sodann weitergequatscht und der Film, der eigentlich unseren Tagesabschluss bilden sollte, verstrich von uns beiden komplett ignoriert. Mich in Mister Close's Armen meiner bewegten Vergangenheit zu stellen, war keinesfalls eine einfache Aufgabe - und dennoch bin ich mir im Nachhinein sicher, dass ich es nirgendwo sonst in einem vertrauensvolleren Rahmen hätte tun können. Ich genoss die Umarmung von Mister Close zu spüren und seinen Herzschlag zu hören, wenn er von Erfahrungen erzählte, die ihm unangenehm sind und waren.

So erwachsen wir im frühen Alter bereits zu agieren verpflichtet waren - so kindlich lagen wir nun beisammen- kichernd und grinsend bei jeder Berührung. 

Niemals zuvor kam ich mir in Bezug auf die damalige Maßnahme so verstanden vor und niemals zuvor sah ich mich jemandem gegenüber gestellt, der mir über Jahre hinweg so vertraut geblieben war. Die körperliche Nähe, die mit der Nacht zwischen uns einsetzte, war nicht auf sexuellem Verlangen basierend. Vielmehr war es eine innere Verbundenheit, die sich in Umarmungen, Kuscheln und den vorsichtigsten Küssen der Menschheit fortsetzte. Ich kann mich rückblickend nicht daran erinnern, derart innig geküsst zu haben und die bloße Verschlungenheit zweier Körper so genossen zu haben wie in dieser Nacht. 
Der Zauber, der sich über Mister Close und mich gelegt hatte, machte uns beiden zu schaffen. Die vielen Gemeinsamkeiten machten uns beinahe Angst und unsere beiden Erfolgsgeschichten hingen einschüchternd über unseren Köpfen. Sich nahe zu sein, ohne sich zu begehren - einfach nur um sich zu stärken, dem anderen Respekt und Vertrauen entgegenzubringen und Freude nach außen zu transportieren - das war eine große Herausforderung für uns beide (und ganz nebenbei eines der tiefsten Gefühle, die ich auf der zwischenmenschlichen Ebene bisher kennen lernen durfte). Völlig verwirrt trat ich am nächsten Tag die Heimfahrt an...aber erst nachdem mir Mister Close das Versprechen nach einem weiteren Treffen abgenommen hatte.
Diese wertvolle Verbindung wollen wir von nun an nicht mehr versiegen lassen!

Mister Close
- Jahre fern und doch so nah.

2012/12/19

Regenbogenbeine

Wenn Regenbogen Füße bekommen,
Wenn Wurzeln kein Hindernis sind,
Wenn Erdbeereis Geschichten erzählt,
Wenn es etwas Schöneres gibt als den Schlussverkauf,
Wenn Seifenblasen aus dem Wasserhahn kommen,
Wenn Boote auf Wolken schweben,
Wenn Steine leidenschaftlich werden,
Wenn Sterne geliebte Wegbegleiter sind,
Wenn aus Steckdosen die Funken sprühen,
Wenn Toastbrot nach Himmel schmeckt,
Wenn Sündigen gepredigt wird
...dann bin ich angekommen. 

Wo angekommen?
Irgendwo in einem Traumtanz im Sommer des Lebens.

2012/12/17

Mister Martini

Ich blinzelte verschlafen und öffnete vorsichtig meine Augen. 
Eine Horde Strauße auf einer Wiese erschienen in meinem Blickfeld. 
Nach einem kurzen Schock stellte ich fest, dass es keine Strauße sondern vielmehr ein Haufen angeordneter Steine war, den meine unbändige Fantasie in afrikanische Tiere verwandelt hatte. 
Ich versuchte mich im Anschluss an diese Fata Morgana zu orientieren und merkte, dass ich mich in der U-Bahn befand - allerdings schon viel zu lange. Mein Gedankenkarrussell begann sich unweigerlich zu drehen und versuchte, meine Erinnerungen an die vergangene Nacht wieder herzustellen. 

Könnte sein, dass Blutspenden in der Kombination mit zwei Partys nicht die beste Idee war. 
Könnte sein, dass drei Stunden Schlaf in fünfzig Stunden etwas zu wenig sind.
Könnte sein, dass ich als Single auf einer Hochzeit im Anschluss sechs Cocktails auf die wahre Liebe getrunken habe.
Könnte sein, dass ich den unglaublichsten Kater der Menschheit dadurch auch verdient habe. 
Könnte sein, dass ich mit meiner Freundin nach dem Verzehr der besagten sechs Cocktails mit Mister Martini auf dem Hotelzimmer gelandet bin. 
Könnte sein, dass mir Mister Martini freundlicherweise "I was here" zwischen die Brüste gekritzelt hat. 
Könnte sein, dass ich nackt auf der Fensterbank posiert habe, um in tiefstem Seelenfrieden eine Zigarette zu genießen.
Könnte sein, dass es die Zigarette davor/danach/dazwischen war.
Könnte sein, dass ich mich nicht mehr an alle Geschehnisse erinnern kann, ohne weit aufklaffende Gedächtnislücken offenbaren zu müssen. 
Könnte sein, dass ich mich auch nicht mehr an alles erinnern möchte.

Kurzum: Es muss eine tolle Party gewesen sein, der ich da beiwohnen durfte. 
Nachdem die Trauung vollzogen worden war, stärkten sich die meisten Gäste mit Glühwein oder Sekt, um in bequemen Sesseln bis zum abendlichen Dinner zu verweilen und Hunger zu züchten. Meine Freundin und ich hatten uns ziemlich viel zu erzählen, da wir uns schon seit mehreren Monaten nicht mehr gesehen hatten.
Die gesamte anwesende Hochzeitsgesellschaft wurde analysiert und kritisch beäugt. Ein absolutes Highlight stellte hierbei eine verzogene und ziemlich eingebildete junge Dame dar, die nichts Besseres zu tun hatte als nonstop zu protzen und dabei verzogen und eingebildet zu sein. Ihr durchaus geschmackfreies Kleid erinnerte uns beide vielmehr an eine Christbaumkugel als an ein angemessenes Outfit. Silbrig glitzernd bahnte sie sich immer wieder den Weg durch die Menge, um uns im Anschluss mit ihren sinnfreien und uninteressanten Erzählungen zu beglücken.  
Kein Wunder, dass wir irgendwann anfangen mussten, uns zu betrinken...

Als wir die Bewertung der Kleider, Schuhe und Figuren der Gäste abgeschlossen hatten, war es auch schon Zeit für ein stärkendes Abendmal, das im afrikanischen Stil angeboten wurde. Unsere Teller füllten sich mit Kuriositäten, Spezialitäten und Delikatessen und unsere Mägen taten es den Tellern gleich. Mit einem Glas Rosé ließ sich das Essen sogar noch besser genießen. Einige Programmpunkte lockerten die Stimmung unter der Hochzeitsgesellschaft immer wieder angenehm auf und ein gemütliches Verweilen wurde durch Smalltalk mit wechselnden Partnern zelebriert. Meine Freundin und ich hatten hierbei die Möglichkeit, uns  noch weiter auszutauschen und über berufliche, private und familiäre ausführlich zu quatschen. Die Zeit verging wie im Flug und schneller als wir schauen konnten, stand der letzte Locationwechsel des Tages bevor. 

Mittlerweile war ich davon überzeugt, dass mich meine High - Heels hassen und töten wollten und sie es sich zum gemeinsam erklärten Ziel gemacht hatten, mich in meiner Mobilität einzuschränken. Meine sonst so souveräne Gangart auf derart hohen Schuhen ähnelte unter dem Einfluss von Alkohol einer Mischung aus Stolpern, Humpeln und Schlurfen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht freute ich mich diebisch, endlich auf einem Barhocker Platz nehmen zu können und fasste daher den Plan, vorerst dort zu verweilen.
Die Poleposition an der Bar hielten also meine Freundin und ich schon einmal inne. 
Der Alkohol lockerte die etwas versteiften Gemüter der übrigen Gäste auf und so kam es zu weitaus interessanteren und ehrlicheren Gesprächen rund um fremde Kulturen, ferne Länder und die persönlichen Erlebnisse dort.

Dass mir irgendwann die Füße nicht mehr schmerzten, hätte mir zu Denken geben sollen. Ich war bereits so beschwingt, dass meine Füße und Zehen richtiggehend betäubt waren und sich nicht mehr gegen meine Treter wehrten. Statt mich einfach nur an dieser Tatsache zu erwärmen und meinen Alkoholkonsum nicht weiter auszuweiten, vermarktete ich einen Cocktail namens "Melon Martini" an den ganzen Laden und stresste das Barpersonal mit meinen eigenwilligen Cocktailkreationen.
Melonenscheiben, Cocktailkirschen, Erdbeeren und Orangen waren das bittere Resultat aus einem Flirt mit dem Barkeeper - mehr war er leider nicht bereit zu geben. 
Ich ertränkte gerade meine vorgetäuschte Enttäuschung in einem neuen Melon Martini, als meine Freundin auf Mister Martini aufmerksam machte, der sich auf einer Weihnachtsfeier am anderen Ende des Tresens wohl wenig amüsierte. 

Nach wenigen Minuten hatten wir den eloquenten Münchner an unserer Seite und während ich lautstark mit einer anderen Freundin in Washington telefonierte und mich zum ersten Mal über die Zeitverschiebung freute, hatte Mister Martini meine Freundin in seinen Bann gezogen. Ich erinnere mich noch dunkel an komisch anmutende Gespräche über IT - Anwendungen, Programmieren und Computerspiele, denen ich mich komplett zu entziehen versuchte. Auf dem Balkon der Bar traf ich sodann auf einige Nerds, die ebenfalls zur Weihnachtsfeier ihrer IT - Firma erschienen waren.
Der Alkohol hatte ihren Festplatten ordentlich zugesetzt und ihr Arbeitsspeicher schien wie eine Traube zur Rosine geschrumpft zu sein, der Humor war gleichfalls ausgetrocknet und ihre lüsternen Blicke wurden von meiner persönlichen Firewall als "ekelhaft" eingestuft. Nach dem obligatorischen Raucher - Smalltalk versuchten einige der Nerds das nächste Level zu erreichen und sich über die beruflichen Entwicklungen in meinem Leben auszutauschen. Es war so simpel, diese stupiden und willigen Männer zu beeindrucken - ich hätte auch einfach erzählen können, dass ich öffentliche Toiletten mit Klopapier versorge und  sie wären beeindruckt gewesen. Laaaaangweilig.

Ich ergriff die Flucht und beschäftigte mich wieder intensiv mit meinem Cocktail.
Mister Martini war der einzig ansehnliche Nerd, der anzutreffen war. 
Auf diesen Schock musste noch einmal getrunken werden.
Die Nacht schritt weiter voran und schließlich wurde von uns die Entscheidung getroffen, die Nacht als flottes Dreiergespann zu verbringen. Sämtliche Hemmungen waren über Bord geworfen worden und so enternten wir das Hotelzimmer ziemlich zeitnah. 
Ich weiß noch, dass ein Western im Fernsehen lief und Mister Martini eigentlich zu viel getrunken hatte, um bei zwei Frauen Eindruck zu hinterlassen. 
Witzig war es trotz allem und die Atmosphäre war ziemlich gelöst - dafür, dass es für alle drei Beteiligten die erste Nacht mit drei Beteiligten war. Mister Martini war ziemlich nett und bemühte sich, gerecht zu beiden weiblichen Gespielinnen zu sein, was ihm auch durchaus gut gelang.

Er hatte darüber hinaus - und das muss hier einmal erwähnt werden - den weltschönsten Bauchnabel der Menschheit. Daran kann ich mich noch sehr gut erinnern. Dennoch vermisste ich Mister atTENTion einmal mehr, als ich mich ins Kopfkissen fallen ließ und nackt neben  dem schnaufenden Mister Martini lag. 
Eine ereignisreiche Nacht ohne bleibende Befriedigung ist wohl doch nichts wert im Leben. Eines Tages sollte ich mich darum kümmern, erwachsen zu werden und mich mit solchen Menschen zu umgeben, die ebenfalls erwachsen agieren. 

Warum ich mit Mister Martini geschlafen habe? - Wahrscheinlich wegen des Martinis. 
Ich sollte schleunigst aufhören, Martini zu trinken.



 

2012/12/09

The cursor: late-night poem

The cursor is flashing
waiting for the words that won't come out
it is telling a story of personal fears
of mediation and doubts
of hope and secrets
of love and feelings
of silence and scars.
Only by flashing on the screen.

The cursor is flashing
expecting me to write something about you
but I am afraid of the words coming up
of the sentences built by heart
of the expressions made up by my mind
of the explanations adopted by my soul
of the open end of the story
that I am supposed to tell.
And the cursor is flashing on the screen.

And as I watch it flashing
I think of a man
-of one that I already know-
who made me afraid of the cursor.
So I remain watching the cursor
that wants me to confess the mess
this man caused in my head.
I better shut down the PC.
Lest the cursor is flashing on.

2012/12/03

Mister Forbidden Fruit: 16 hours

Nachdem in rein sexuellem Sinne noch nicht wirklich in der neuen Stadt angekommen bin, kam mir ein unverbindliches Treffen mit Mister Forbidden Fruit bei einem der seltenen Heimatbesuche sehr entgegen. Eine lose Verabredung wurde im Laufe des Wochenendes konkreter und endete in den -im Titel bereits vermerkten- 16 Stunden voller knisternder Erotik. 

Es war auf der einen Seite entspannend, zu einem Treffen zu erscheinen, bei dem alle Fronten im Voraus schon geklärt waren und mich keine unangenehmen Überraschungen erwarteten. Gleichermaßen war es trotz der Klarheit um die Umstände des Dates spannend, sich fallen zu lassen. Die Freiheit, einen Mister zu beglücken und die Gelassenheit, sich im Gegenzug auch beglücken zu lassen, kostet ein ums andere Mal wieder Überwindung. Doch bei Mister Forbidden Fruit ist es zuweilen leichter als bei anderen Männern.

Woran das liegen mag? Erklärungsversuche...
Mister Forbidden Fruit hat zwei Gesichter, was uns beide in gewisser Weise verbindet. 

Seite 1:
Freundlich und zuvorkommend benutzt er Worte wie "Dame" oder "Madame" um die Frau zu benennen, die er nur wenige Stunden später bis zur Besinnungslosigkeit auf der Waschmaschine durchnehmen wird. Mister Forbidden Fruit hat ein Gespür für Mode, ist zugegebenermaßen durchaus eitel und legt Wert auf ein gepflegtes Aussehen. Sein braver Sunnyboy - Look sorgt für eine optische Täuschung:
Während man ihn am liebsten für die Erwachsenen - Version der Kinderschokoladenwerbung nominieren möchte, könnte sein Wesen im Bett auch eine Kläranlage erfolgreich bewerben. Wer bei diesem Aussehen SO schmutzig und versaut ist, könnte es schaffen, sogar fäkalienfressende Mikrobakterien in der Gesellschaft zu etablieren. 
Mister Forbidden Fruit hofiert und verwöhnt die Dame seiner Wahl - wenngleich es sich "nur" um rein sexuelle Vergnügungen handelt. Anstatt sich - wie bei rabiaten und schroffen Männern üblich - wie eine gierige Schlampe zu fühlen, darf frau bei Mister Forbidden Fruit vielmehr die begehrenswerte Mätresse sein. 
Liebenswerte Gesten bilden den Rahmen für einen angenehmen Zeitvertreib; während des Aufenthalts kann man sich nicht nur sexuell ausleben, sondern auch einmal eine spannende Szene aus einem Fußballspiel analysieren, eine Komödie schauen oder über die optimale Wohnungseinrichtung diskutieren. 
Bei Mister Forbidden Fruit fühlt man sich als Frau also respektiert und durchaus wohl, kann die Seele baumeln lassen und für einige Stunden abschalten.

Seite 2:
Dass man bei Mister Forbidden Fruit abschalten kann, ist wichtig, um sich auch beim Sex mit ihm gehen lassen zu können. So brav er äußerlich erscheinen mag - so faustdick hat er es auch hinter den Ohren...oder eben in der Hose. Er schafft es, mich rückwärts durch die Wohnung zu scheuchen, mich dabei fordernd zu entkleiden und schließlich überhastet ins Bett zu drängen. Sobald die Leidenschaft von ihm Besitz ergreift, ist die prädestinierte Kinderschokoladen - Werbefigur nicht mehr wieder zu erkennen:
Die Gesichtszüge verhärten sich und die Sprache wechselt von Gentleman - deutsch in fließenden Dirty - Talk. Seine Bedürfnisse zu stillen, ist kein Ding der Unmöglichkeit...da ist er wie alle anderen Männer auch! Vielmehr bereitet es mir Mühe, ihm die Lockerheit entgegenzubringen, die er im Bett erwartet. Er möchte seiner Madame eine Vielzahl von Orgasmen verschaffen, wobei er die fordernde und dominierende Rolle nicht ablegen möchte. Wenn frau allerdings bereit ist, seine Regeln zu befolgen und sich ihren eigenen animalischen Trieben zu stellen, kann man die sexuellen Versuchungen genießen. 
Mister Forbidden Fruit ist ein ganz schöner Orgasmusgarant - und dessen ist er sich auch durchaus bewusst. Von seiner Madame erwartet er, dass sie ihm Paroli bieten kann...und freut sich tierisch, wenn er im Bett überrascht wird, härter zupacken darf oder angefleht wird. 
Ein ganz schön anspruchsvoller Typ, dieser Mister Forbidden Fruit...
...und dennoch ganz schön easy im Handling. 

16 Stunden mit Mister Forbidden Fruit - und ich bin ganz schön pounded.
Zwischen Erotik und Freundschaft, zwischen Synchronzähneputzen und Blow - Job am Morgen, zwischen Sex auf der Waschmaschine und kuscheln beim Film, zwischen Moral und verbotenen Verführungen ... 16 Stunden zwischenmenschliche Action vom Feinsten. 

Fast wie ein exotischer Cocktail aus Forbidden Fruits - haut einen um ohne dass frau im wahren Leben die Bodenhaftung verliert.
Affäre deluxe. 



2012/11/27

Mister atTENTion: ein Nachtrag

Diese Geschichte muss wohl auch einmal ein Ende haben. Und ich bin gerade dabei, es zu schreiben. In den vergangenen Monaten hat Mister atTENTion mein Leben durchaus bereichert und an manchen Wochenenden sogar Akzente gesetzt, die schwer zu vergessen sein werden. Wir hatten über Teile des Sommers hinweg eine schöne Zeit miteinander, doch nun wo die Weihnachtsmärkte nach und nach ihre Pforten für die weihnachtswütige Gesellschaft öffnen, ist es Zeit, dieses Kapitel zu schließen.

Im Endeffekt bleibt nach den Vorkommnissen der letzten Wochen nicht mehr viel Positives, das es zu berichten gäbe. Grundsätzlich fanden die jüngsten Ereignisse allesamt in meinem Kopf statt. Ihm die Schuld an der Misere zu geben in welcher ich mich zeitweise befand, ist einfach - aber eben auch einfach richtig. 

Der Mann, den ich eines Nachts auf einem Zeltplatz in Nirgendwo in mein Leben ließ, hat mich schnell in seinen Bann gezogen. Ich konnte die Treffen mit ihm genießen, hatte -vielleicht zum ersten Mal in meinem Leben - nicht den Zwang, mich verstellen zu müssen und konnte in seiner Gegenwart richtig abschalten. In einer so stressigen Phase meines Lebens stellte er einen Ruhepol dar, für den ich überaus dankbar war. Seine Intelligenz trug maßgeblich zu guten Unterhaltungen bei, sein Humor heiterte mich in nachdenklichen Perioden auf und seine Persönlichkeit faszinierte mich durch die Unergründlichkeit seines Wesens ungemein. Dass er überdies noch attraktiv und auch im Bett eine sehr gute Partie war, rundete das bisher kaum befleckte Bild von Mister atTENTion ab. 
Auf den ersten Blick schien er mir all das bieten zu können, nach dem ich händeringend und trotzdem unterbewusst gesucht habe. 

Ins Wanken kam dieser Eindruck tatsächlich erst, als die ersten Entscheidungen anstanden, die es galt, gemeinsam zu treffen. Mit einem Mal wurde mein Ruhepol zum schwankenden Mast und versuchte sich, in seiner Unsicherheit zu vergraben. Er war sich darüber im Klaren, unsicher zu sein. Doch anstatt über diese Schwäche hinwegzutäuschen, machte er sie immer wieder zur Entschuldigung für seine nicht getroffenen Entscheidungen. Schon bald schoben sich die offenen Fragen wie ein Airbag zwischen uns und eine Vertiefung der zwischenmenschlichen Beziehung wurde zum Ding der Unmöglichkeit. Wann immer sich eine Möglichkeit der Flucht bot, nahm Mister atTENTion Reißaus und entschwand in die unergründlichen Tiefen seiner ambivalenten Seele. Rückblickend war es über Monate hinweg ein einziges Trauerspiel.

Grundsätzlich suche ich nach einem Mann, der mich in meiner Person bestärkt. 
Der mich lobt, wenn ich etwas gut gemacht habe, der mir Mut zuspricht, wenn ich unsicher bin und der mir Paroli bietet, wenn ich mich in fadenscheinigen Begründungen verrenne. 
Ich suche einen Mann der mich von mir selbst überzeugt und keinen, den ich tagtäglich von mir und meiner Person überzeugen muss. Stellenweise kam ich mir allerdings vor, als wolle er mich in die Rolle drängen. Schließlich war er derjenige, der sich partout nicht dauerhaft davon überzeugen lassen wollte, dass ich die richtige für ihn bin. 

Der Grund dafür ist wiederum in seiner Unsicherheit zu finden. 
Angst vor einer Fernbeziehung, Angst vor tiefer gehenden Beziehungen im Allgemeinen, Angst vor Verantwortung, Angst vor Konfrontation, Angst vor Verpflichtung, Angst vor Gegenwind, Angst vor einer Konstante im Leben...diese Liste ließe sich noch seitenlang so weiterführen. Fakt ist, dass es keinesfalls die Freiheit war (die er meinte aufgeben zu müssen), die ihn zurückhielt. Es waren vielmehr die Ängste, die ihn lähmten und das immer noch tun. Ein Mensch ist nicht frei, wenn er sich nur aus Angst nicht bindet, sich auf nichts und niemanden einlassen kann und sich stets in sein Schneckenhaus verkriecht, wenn etwas Unbekanntes auf ihn zukommt. 
Das Traurigste daran ist aber, dass ich der festen Überzeugung bin, dass er sich diesen Verhaltensmustern bewusst ist und extra nicht daraus ausbricht, um sich in Sicherheit zu wahren. In der Sicherheit seiner Unsicherheit. 

Vielleicht wird es Monate, Jahre oder Jahrzehnte dauern, bis es ihm gelingt, seine Unsicherheit nicht als Schutzschild zu benutzen, sondern sie zu ergründen und auszuräumen.     Ich weiß (da er es mehrfach gesagt hat), dass er sich in meiner Gegenwart wohl fühlte und ich glaube, dass er sich -zumindest manchmal- über sein eigenes Wesen ärgerte. 
Lange genug habe ich auf einen Ausbruch aus seinem Zelt der Unsicherheit gewartet und darauf gehofft, dass er seine tollen Ressourcen frei entfalten und zu seinen Entscheidungen stehen kann. Leider blieb dieses Warten ohne nennenswertes Ergebnis. 
Da er wusste, dass seine Unsicherheit bei mir nicht als Begründung/Entschuldigung/Universalantwort galt, entschied er sich für den Weg des geringsten Widerstandes, den er von nun an wieder alleine beschreiten wird.

Es ist ein Jammer -und das finde ich immer noch -, dass er nicht über seinen Schatten springen konnte. Selten bin ich einem Mann begegnet, der solch hohes Potential mit sich bringt und gleichermaßen faszinierend und unnahbar erscheint. Ich mag die Herausforderungen bis zu einem gewissen Maß - aber diese Herausforderung gleicht einem Harakiri. Es wäre eine geringere Herausforderung gewesen, einen Israeli und einen Palästinenser im Nationalfernsehen dazu zu bringen, sich als homosexuelles Paar zu outen. Es wäre ebenfalls eine geringere Herausforderung gewesen, drei Patienten gleichzeitig mit nur einer Hand zu operieren oder im Stil von Jesus ein Volk mit einem Brot und einer Hand voll Fische zu versorgen. Wie auch immer, es war ein Ding der Unmöglichkeit, Mister atTENTion aus den Fesseln seiner Unsicherheit zu befreien.

Da bei meinen verzweifelten Versuchen, ihn von mir zu überzeugen, bröckelte mein Selbstwertgefühl wie die Nase der Sphinx, ist es nun an der Zeit sich mit den letzten Bröseln davon zurückzuziehen und ihm und seiner Unsicherheit das Feld wieder zu überlassen.
Ein groß- und einzigartiger Mann, gefangen in einem viel zu kleinen Käfig in seinem eigenen Kopf. Wahrlich ein Trauerspiel, dem ich nicht länger beiwohnen möchte. 
Sollte es ihm wider Erwarten jedoch gelingen, aus diesem Teufelskreis auszubrechen,...dann würde ich an dieser Stelle gerne einen positiven NACHnachtrag verfassen dürfen. 
Ich lasse ihn ungern gehen, denn ich schätze ihn sehr und weiß, dass ich noch oft an ihn denken werde. Und ich hoffe, dass es ihm genau so geht UND dass er leidet und es ihm scheiße geht und er nicht mehr schlafen kann und er mir meine Tupperschüsseln schickt und er diesen scheißfucking Kerzenbilderrahmen mit einem Bild von seiner hässlichen Exfreundin von der Spüle wegstellt und sich mein Lidschattenapplikator durch die Matratze (da müsste er noch liegen) in sein Mark bohrt und dass er aufhört "Colder" zu sagen und dass er  nie wieder glücklich wird und dass er eines Tages merkt, was er an mir gehabt hätte.
Man merkt, meine Worte und Taten sind noch nicht ganz auf einem Nenner mit dem, was ich für Mister atTENTion empfinde. 

Mister atTENTion:
Anguish Tends To Enervate - Not To Improve One's Nous!
Angst neigt dazu, den Geist zu lähmen und nicht dazu, ihn zu stärken. 

Mister Pussy: The Stay

Seit dem Festival, auf welchem ich Mister Pussy besser kennen lernen durfte, als es mir zwischenzeitlich lieb war, war es recht ruhig um unsere Bekanntschaft geworden. Bei einigen Mittagessen war er in Begleitung meiner besten Freundin aufgetaucht und hatte unsere Zweisamkeit durch seine Tollpatschigkeit durchaus bereichert. 
Als er mich schließlich anrief, um mir mitzuteilen, dass er ein Vorstellungsgespräch in meiner neuen Wahlheimat hat, war es eine Selbstverständlichkeit, ihn für diese Zeit meinen Gast zu nennen.

Dass ich diese leichtfertige Entscheidung schon wenige Tage später bereuen würde, konnte ich noch nicht ahnen, als ich ihn am Bahnhof abholte. Aufgedreht war er ja schon immer gewesen, aber es war mir nicht in Erinnerung geblieben, wie detailliert er in der Lage war, seine Reise bereits am Bahnhof in einem wasserfallartigen Redefluss zu skizzieren. In meinen  vier Wänden angekommen, begann er sogleich damit, meinen Kleiderschrank auf den Kopf zu stellen, sodass seine Anzüge und Hemden ohne Knitterfalte fortbestehen konnten. Zudem dekorierte er meinen Wohnbereich mit seinem Gepäck, als wolle er für drei Jahre bei mir einziehen und müsse in dieser Zeit alles griffbereit haben. Um mich von dieser Belagerung abzulenken, bestellte ich erst einmal Abendessen bei meinem Lieblingslieferservice. 

Wie immer war das Essen deliziös, was Mister Pussy als erster (und vermutlich auch für immer einziger) Mensch nicht so bestätigen konnte. Ich hatte ihn als die Person in Erinnerung, die Ravioli aus der Dose bei 30 Grad im Schatten kalt löffelt - aber er scheint dieses Image abgelegt zu haben. Schließlich bildete er sich ein, vom gelieferten Essen vergiftet worden zu sein, da dieses nicht frisch gewesen sein könnte. Er spinnte seine Geschichte soweit, dass er im Endeffekt wirklich den Abend auf der Toilette verbrachte und fest davon überzeugt war, dass seine Nervosität, die Anstrengungen des Tages und die Unmenschen des Lieferservice seinen Magen - Darm - Trakt beeinflusst hätten. Bevor er dann endlich ruhig zu stellen war, telefonierte er einmal quer durch seine ganze Familie, um seine Leidensgeschichte publik zu machen. 

Als wäre das nicht schon genug der Aufregung gewesen, klagte er sogleich darüber, nicht mehr in der Lage zu sein, dem Zigarettenkonsum nachzugehen. In seiner derzeitigen psychischen Verfassung würde der Genuss derartiger Rauschmittel zu erheblichen physischen Beschwerden führen, die einmal mehr seine Verdauung betreffen könnten. Um die Sucht trotzdem zu stillen, versuchte er es mit exzessiven Passivrauchen. Er versuchte den von mir ausgestoßenen Rauch zum größten Teil zu inhalieren, wobei er wie ein Känguru durch die Rauchschwaden hüpfte. Wenngleich ich mir noch nie wirklich ernsthafte Gedanken gemacht hatte, mit dem Rauchen zeitnah aufzuhören, so war dies zumindest eine unangenehm peinliche Situation in der Öffentlichkeit die ich bei einer solchen Überlegung in Betracht ziehen sollte. 

Den nächsten Tag verbrachte Mister Pussy schon wieder im Badezimmer. 
Seinen einzigen Ausflug unternahm er zu einem nahe gelegenen Einkaufscenter, wo er Socken in einem Braunton erwarb, der identisch mit dem seines Anzuges war. Davon abgesehen ließ er sich im Friseursalon meines Vertrauens die Augenbrauen zupfen und kehrte in meine Wohnung zurück, um ein Probestyling durchzuführen. Als ich völlig erschöpft von einem langen Tag wieder nach Hause zurückkehrte, experimentierte er gerade mit seinem ureigenen Glätteisen und in Festtagsmontur vor dem großen Spiegel im Flur. Meine Gesichtscreme und mein Concealer waren ungefragt in seinen Besitz übergegangen  und schmückten seine roten Backen, auf denen er Flecken der Aufregung ausmachte. Diese Tatsache beunruhigte ihn ungemein, sodass er kurz davor stand, noch einmal seine komplette Familie in Aufruhr zu versetzen. 

Dass er sich vielleicht nicht nur äußerlich, sondern auch mit dem nötigen Hintergrundwissen auf das Vorstellungsgespräch vorbereiten sollte, hatte er wohl den ganzen Tag verdrängt. Zum einen bestimmte dieser Fehler meinen weiteren Tagesablauf (der daraus bestand, ihn fürs Vorstellungsgespräch mit dem grundlegendsten Allgemeinwissen zu füttern), zum anderen steigerte diese Taktik seine Nervosität ins Unendliche. Aufgedreht, hibbelig, unsicher und vor allen Dingen unerträglich nervig brachte er mich um den Schlaf.

Seinen Plan, mitten in der Nacht aufzustehen, um nochmals alle wichtigen Informationen durchzugehen, durchkreuzte der tiefe Schlaf von Mister Pussy schließlich. Die Tatsache, dass er dadurch "nur" geschlagene zwei Stunden Zeit hatte, sich für die potenziell neuen Vorgesetzten aufzuhübschen, überforderte ihn einmal mehr. Wie von der Tarantel gescheucht hüpfte er fluchend durch die ganze Wohnung und verbreitete dabei mehr Stress, als ein Raumerfrischer penetranten Zitronengeruch. Als seine Verwandlung von der verschlafenen Miesmuschel zum überbügelten Geschäftsmann verwandelt war, galt es nur noch seine innere Contenance zu wahren (oder vielmehr zu finden/wiederherzustellen/ zu erschaffen). 

Es war ein Akt der Unmöglichkeit, ihn von seinen Vorzügen zu überzeugen und ihn dazu zu bringen, den Weg alleine anzutreten. Er äußerte sich nämlich dahingehend, dass er für eine Begleitung zum Ort des Geschehens sehr dankbar sei. 
Ich sah mich schon wie im Kindergarten mit ausgestrecktem Arm vor einem Zebrastreifen stehen - mit Mister Pussy und etlichen anderen fein säuberlich in Zweierreihen aufgestellt. Ich meine: dieser Mann stand im Anzug vor mir und hielt es nicht für machbar, alleine zu einem Vorstellungsgespräch aufzubrechen, das noch nicht einmal das erste in seinem Leben war? In welchem Stadium der Verweichlichung befand sich Mister Pussy eigentlich?

Neugierige Leser fragen sich an dieser Stelle:
Konnte er ohne Pausenbrot das Vorstellungsgespräch überhaupt überleben? 
Wie war es ihm möglich, einen derartigen Termin alleine wahrzunehmen?
Waren auf dem Parkplatz der Organisation wenigstens Hüpfspiele aufgezeichnet?
Wie viele Panini - Sammelsticker konnte er in den Pausen mit den Mitbewerbern tauschen?
Ich muss meine Leser an dieser Stelle leider enttäuschen, da ich in diesem Falle nicht zu sehr ins Detail gehen möchte, um von meinem Kopfkino nicht in eine Dauerlachschleife gebeamt zu werden. 

Die Tatsache, dass ich Mister Pussy nach langem Hin und Her doch noch dazu bewegen konnte, diesen bedeutenden Schritt alleine zu gehen, beruhigte mich nur kurz. 
Denn nachdem ich zur Rückeroberung meines Badezimmers aufgebrochen war, musste ich feststellen, dass Mister Pussy sein Glätteisen zurückgelassen hatte. Nach einem kurzen Telefongespräch war klar, dass es sich per Expresssendung auf den Weg zu seinem verzweifelten Besitzer machen müsse, um dessen Haarpracht schnellstmöglich wieder zu beglücken. 

Und so sollten anstrengende und dennoch amüsante Tage mit Mister Pussy schließlich auf dem örtlichen Postamt enden...
...und in einem ausgewachsenen, innerlichen Lachanfall von Mrs. Bittersweet - sth... :)


2012/11/04

Mister body

Ein verlängertes Wochenende lockte mich zurück in meine Heimat, wo ein ganzer Haufen Ladies bereits darauf wartete, die Nacht zum Tag zu machen und mich durch die Bars und Clubs der Stadt zu schleifen. DieErschöpfung einer anstrengenden Woche in den Knochen zeigte ich zu Beginn des Treffens nicht die erforderliche körperliche Verfassung für stundenlanges Tanzen. Mit Hilfe zweier Cocktails und bedingt durch die Wiedersehensfreude war ich jedoch schnell wieder auf dem Weg, die schlummernde Partyqueen in mir wachzuküssen und sie in den Olymp der vibrierenden Vibes und wummernden Bässe einzuführen.

Die Nacht war schon fortgeschritten als unser bunter und angeheiterter Haufen von den Türstehern wegen einer Veranstaltung, die ausschließlich für geladene Gäste war, mit der Nacht alleine gelassen wurden. Unseren Unmut wollten wir sogleich in weiteren Cocktails in unserem Stammladen ertränken und so machten wir es uns eben dort gemütlich - wie immer.
Wir sollten nicht lange alleine bleiben, da sich noch mehrere Bekannte zu uns gesellten. Mister Body, der einen gemeinsamen Freund begleitete, nahm sogleich neben mir Platz und begann unvermittelt ein Gespräch mit mir. Obwohl wir uns zuvor schon mehrfach bei größeren Veranstaltungen innerhalb der Clique über den Weg gelaufen waren, hatten wir noch kaum ein Wort miteinander gewechselt. Um ehrlich zu sein war ich mir in der Anfangsphase der Konversation sogar unsicher über seinen Namen - und das, wo wir sogar Silvester zusammen gefeiert hatten. Im Nachhinein erscheint mir diese Situation schon ein bisschen peinlich.

Die Zeit verrann wie im Flug und die Reihen leerten sich. Nur noch der harte Kern der Truppe war übrig geblieben; alle anderen waren in die Nacht hinausgeschwärmt. Während sich die anderen im Lokal weitestgehend verteilt hatten, saßen Mister body und ich wie angewurzelt vor unseren Cocktails und fanden uns bald in einer hitzigen Fußballdebatte wieder. Wir debattierten über die Meisterschaft, die Abwehrstärke, die Größe der Fußballstadien und die Transferaktionen bestimmter Manager und Trainer, sprachen über Talente und Taktiken, die das runde Leder betrafen und versuchten schließlich, unsere Traumelf zusammenzubauen. Das Gespräch machte mir einfach riesig Spaß, da ich in der letzten Zeit eher mit männlichen Exoten gesegnet war, die sich nicht dem Fußball verschrieben hatten. Es wurde sogar immer spannender, als wir feststellten, dass wir Anhänger zweier rivalisierender Mannschaften sind. Spitzfindige Bemerkungen und kritische Kommentare bestimmten von nun an den Verlauf unserer Unterhaltung.

Mister body war überrascht, mit einer -wie er es bezeichnete - femininen Frau über Fußball diskutieren zu können und schien das Gespräch ebenso zu genießen. Mit unserem Diskussionsforum hatten wir meine Freundinnen in die Flucht geschagen - diese kümmerten sich an der Bar gerade um alkoholischen Nachschub. In diesem unbeobachteten Moment rückte Mister body näher an mich heran und begann mich - mitten im Satz - zu küssen. Nun war ich es, die überrascht aus der Wäsche schaute und die Vorgänge nicht ganz einzuordnen wusste.

Ich ergab mich in den folgenden Stunden allerdings meinem Schicksal.
Es gibt auf dieser Welt mit Sicherheit schlimmere Umstände als einen attraktiven Mann zu küssen und sich mit ihm -so tiefgründig, wie es nach drei "Willenlos" noch möglich ist- zu unterhalten. Trotzdem war ich mir aufgrund seiner Zugehörigkeit zum erweiterten Kreis der Clique nicht sicher, ob die Unterhaltung eine schmutzige Fortsetzung hinter geschlossenen Türen finden sollte. So suchte ich in einer ruhigen Minute das Gespräch mit einer Freundin, die mir daraufhin fast an die Gurgel sprang.

Sie schnaufte tief durch und fragte mich dann, ob ich dieses reizende Exemplar denn schon einmal oben ohne betrachtet hätte. Als ich verneinte, berichtete sie mir von einem Schwimmbadbesuch, bei welchem sie Mister body einmal unter die Lupe genommen habe. Ich würde die größte Dummheit meines bisherigen Daseins auf Erden begehen, wenn ich mir eine solche Chance entgehen ließe. Sie persönlich spräche mir die Weiblichkeit ab, wenn ich diesen Körper unangetastet vorübergehen ließe. Zudem sei eine Vergnügungstour ohnehin längst überfällig, nachdem ich in den letzten Monaten -bedingt durch Mister atTENTion- in meinem ureigenen Leben zu kurz gekommen sei.
Wenn das nicht mal ein eindeutiges Statement für Sex und gegen Vernunft war, weiß ich auch nicht...

Um es einmal nett zu umschreiben nahm ich mir die Worte meiner Freundin zu Herzen und entschwand mit Mister body "ihretwegen" in seine Gefilde.
Im Bett angekommen verbrannte ich mir schier die Finger an diesem Feuerwerk des Testosteron, welches sich mir bot. Ich spürte ein unbändiges Verlangen, die pralle und von Muskeln untermauerte Männerhaut auf meinem Körper zu wissen; meine Hände wanderten über das verbotene Land seines gestählten Körpers und mein Atem beschleunigte sich merklich, wenn seine starken Hände eine Erkundungstour zwischen meinen Brüsten unternahmen. Ich wurde den Gedanken nicht los, es mit einem zu Fleisch gewordenen Anatomielexikon zu treiben. Das mag nun ein etwas unerotischer Vergleich sein, aber in der Realität war das alles andere als unerotisch. Im Endeffekt tollte ich die ganze Nacht auf diesem Spielplatz für ungezogene Erwachsene umher und schlief erst im Morgengrauen zufrieden ein.

Nach drei Stunden Schlaf verhinderte ein ausgewachsener Monsterkater, der sich durch Schwindel und unsägliche Kopfschmerzen bemerkbar machte, eine weitere Vergnügungstour in Mister bodys Bett. Nachdem ich mich angezogen hatte, verabschiedete ich mich von Mister body und erstattete meiner Freundin den Bericht, den sie ohnehin einfordern würde. Trotz der grandios - furiosen Nacht mit Mister body fühlte ich mich nicht, als müsse ich den Kontakt zu ihm nun vertiefen. Früher oder später würden wir uns ohnehin zwangsläufig wieder begegnen - schließlich gehört er ja zum erweiterten Kreis der Clique.

Für meine Freundin war dies das allerschönste Rekikt aus dieser Nacht:
Sie sah mich nach Wochen der Selbstzweifel bedingt durch Mister atTENTion endlich wieder im Kreis der unbeschwerten Singles angekommen und feierte den Sex mit Mister body eigentlich noch mehr, als ich es tat.

"The best way to get over a man is to get under another - welcome back, Miss bittersweet", flüsterte sie mir ins Ohr, bevor wir mit einem Glas Konterrotwein auf meine unverhoffte Wiederkehr anstießen.

2012/10/27

Mister atTENTion: die Woche

Was sich in der letzten Zeit bereits deutlich angekündigt hatte, wurde in dieser Woche auch thematisiert und ausgesprochen: Mister atTENTion und ich haben in seinen Augen keine Zukunft - welcher Art auch immer.
In einem längeren Gespräch, auf welches er mich unverschämter Weise ziemlich lange warten ließ, tauschten wir unsere Meinungen aus. Ich muss zugeben, dass ich seine Argumente aus rein logischen Gründen nicht kategorisch ablehnen oder verleumden kann. Vieles von dem, was er sagte, hatte seine Berechtigung dazu, einmal auf die Tagesordnung erhoben zu werden. Das Sprechen über derartige Zusammenhänge, die ich vor meinem inneren Auge zu verdrängen ersucht hatte, fiel unglaublich schwer. Auf der einen Seite war seine Darstellung durchaus nachvollziehbar und teilweise auch begründet, auf der anderen Seite verletzte es mich ungemein, den Tatsachen ins Auge blicken zu müssen. 
Mister atTENTion wollte uns keine Chance geben und ich konnte ihn nicht umstimmen, wenngleich ich es als feige und übereilt empfand.
Und so ordnete ich an, dass er sich nicht mehr bei mir melden sollte. Ich wollte nichts mehr von ihm wissen.

Nun galt es also, sich nach solchen Entwicklungen wieder unter Kontrolle zu bekommen. Bereits vor dem gefürchteten Gespräch (wir sprechen hier über weibliche Intuition) war es mir alles andere als gut gegangen; von meiner Verfassung NACH dem Gespräch ganz zu schweigen.
Die erste Wut schleifte ich mit ins Fitnessstudio, wo ich durch sie an den Geräten zu Höchstleistungen angetrieben wurde und im Anschluss eine Stunde auf dem Laufband all meinem Ärger im wahrsten Sinne des Wortes freien Lauf ließ. 
Um mich auch nach dem harten Training von unliebsamen Gedanken fern zu halten, konzentrierte ich mich in den kommenden Tagen vollkommen auf mein Studium und die Arbeit. Aufträge erfüllte ich fast schon in einem tranceähnlichen Zustand, Aufgaben erledigte ich hoch motiviert und die Korrespondenzen mit Arbeitskollegen liefen reibungslos ab. 
Als ich mich in einer kurzen Phase der Beschäftigungslosigkeit in der Bibliothek wiederfand, belud ich mich mit Fachliteratur zum Thema "Wissenschaftliches Arbeiten", um mein Wochenende damit zuzupflastern. Bloß keine Zeit zum Nachdenken lassen!
Im Internet bestellte ich noch mehr Bücher, die meinem Studium im Zuge von Fleißarbeit nicht schaden könnten und in der Stadt erledigte ich endlich die Einkäufe, die ich mehrere Wochen vor mir hergeschoben hatte.

Dass einer der Streifzüge in einem unkontrollierten Frustshopping endete, nahm ich ohne Blick auf die Kreditkartenabrechnung hin. Nach einem derartigen Verlust muss frau ihr Selbstwertgefühl ja erst einmal wieder aufwiegen und wenn dazu Investitionen nötig sind, dann sollte frau diese auch - wörtlich -in Kauf nehmen. 
Eine Häufung von Veränderungen kann manchmal wahre Wunder bewirken - und diese sehnte ich mir so sehr herbei. 
Die Tage vergingen wie im Flug; ich gab mir selbst keine Chance, über die Situation um mich und Mister atTENTion nachzudenken. Abends arbeitete ich an unterschiedlichen Projekten, bis mir die Augen zufielen, morgens startete ich mit Koffeintabletten und einer Portion Schokolade in den neuen Tag, um nicht gleich nach dem Aufstehen von einer Lethargie und Sentimentalität eingeholt zu werden.Die Nächte waren zudem viel zu kurz, um ohne kleine Hilfsmittel wieder mit Höchstleistungen aufzuwarten.  

Als sich schließlich kurzfristig und überraschend Besuch aus der Heimat für das Wochenende ankündigte, wienerte ich die gesamte Wohnung quasi im Alleingang, wusch Wäsche, putzte Bad und Küche, räumte alles akkurat auf und kaufte Lebensmittel ein, was schon überfällig war. Schließlich stand der Besuch -zwei Kumpels auf Mister Mommys Zeiten -  vor der Tür und erwartete eine Partynacht in der Fremde, auf die auch ich mich richtig freute.
Die Tour endete in einem wahllosen Konsum von Smirnoff, Bier, Cuba Libre, Sex on the Beach, Malibu Juice, noch mehr Bier und noch mehr Cuba Libre. Irgendwie wollte ich den ganzen Alkohol irgendwo zwischen mich und die Situation um Mister atTENTion schieben, um Distanz zu gewinnen. Dass ich dem Türsteher beim Verlassen des Ladens allerdings in Fachsprache eine Moralpredigt hielt, wie peinlich betrunkene Frauen seien, musste mir meine Begleitung rückwirkend erzählen. Von der Taxifahrt weiß ich nur noch, dass  einer der beiden dem Fahrer das Taxi abkaufen wollte. Aber der Abend und die Nacht schienen wohl sehr unterhaltsam und amüsant gewesen zu sein, schließlich saß ich nicht - wie sonst in dieser Woche üblich - nachdenklich im Bett. Im Gegenteil: ich schlief wie ein Stein.

Am nächsten Morgen bereute ich die Nacht zutiefst. Mein Schädel sprach Bände und ich fühlte mich, als würde meine Hirnmasse sich bei jeder unkontrollierten Bewegung auf meinen Wänden verteilen. So lag ich erst einmal eine halbe Stunde mit offenen Augen wie ein Brett im Bett und versuchte, die einzelnen Gedächtnislücken mit Erinnerungen zu füllen, die partout nicht alle auftauchen wollten. Es dauerte lange, bis ich schließlich bereit war, mich zum Kühlschrank vorzutasten, wobei ich am liebsten gerobbt wäre (mit dem betonschweren Kopf nach unten, versteht sich). Den ganzen Nachmittag verbrachte ich im Bett, da sich die Fragmente in meinem Kopf durch einen imaginären Presslufthammer gestört fühlten. Ich schaute TV und hörte Radio, wobei ich so teilnahmslos war, dass ich weder an ein Lied noch an einen Sender noch an eine Sendung erinnern kann.
Insgesamt also eine sehr bescheidene Verfassung, in der ich mich befand. 

Und ich bereute, den Kontakt zu Mister atTENTion abgebrochen zu haben.
Irgendwie wollte ich das ja gar nicht. Oder doch? NEIN.
Immer diese Männer...


2012/10/22

Mister Fear

Es war ein wunderbarer Abend, eine laue Nacht im sonst immer so verregneten Oktober. Gemeinsam mit einer Bekannten besuchte ich zum ersten Mal seit längerer Zeit eine Vorstellung im Kino. Wir waren beide neu in die Stadt gezogen und es war das erste Treffen abseits der Fachhochschule. Der Film war einfach nur toll; wir ließen den gelungenen Abend bei zwei Bier auf einer Bank im Park des Viertels ausklingen und sie brachte mich noch zu der S-Bahnhaltestelle, die fernab des Stadttrubels in einem Industriegebiet lag. Dieses Viertel muss an Werktagen zu den Geschäftszeiten äußerst belebt sein - in der Nacht von Sonntag auf Montag war dies offensichtlich weniger der Fall.

Als Neu - Zugezogene war ich mit den Zugplänen noch nicht sonderlich vertraut und so war es mir neu, dass ich auf halber Strecke noch einmal umsteigen musste. Nun hatte ich den Schutz meiner Begleitung nicht mehr und war -für alle Umstehenden offensichtlich - alleine unterwegs. Um die Weiterfahrt gewährleisten zu können, musste ich zur U - Bahn - Station gelangen, die ziemlich versteckt und weiter entfernt war, als mir lieb war. 
Als ich aus dem Zug ausstieg (ich war eine der einzigen Reisenden), war meine Welt noch in Ordnung. Doch schon als ich die Treppe in das Bahnhofsgebäude hinunterstieg, fühlte ich Blicke in meinem Nacken. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus, stur nach vorne zu blicken (wo paranoide Gedanken meinen Kopf schon zerfraßen) und schaute mich nach meinem Verfolger um (in der Hoffnung, dass es keinen geben würde).

Doch leider wurde ich in meinem paranoiden Verdacht bestätigt und blickte direkt in das Gesicht eines Mannes, den ich auf Ende zwanzig schätze. Ich beschleunigte meinen Schritt und versuchte, meine Gedanken von Mister Fear abzulenken, der sich an meine Fersen geheftet hatte. Das gesamte Gebäude war menschenleer und ich war orientierungslos im Dschungel des Nahverkehrsnetzes der neuen Großstadt. 
Mister Fear hatte sich an mich rangepirscht und schnitt mir plötzlich den Weg ab, den ich verwirrt eingeschlagen hatte. Er sprach mich unvermittelt an und sagte, dass er kein Geld mehr für sein Ticket habe. Ich war mir aufgrund seiner Fahne ziemlich sicher, dass er sein Geld stattdessen in harte Spirituosen investiert hatte. Allmählich bekam ich es mit der Angst zu tun, da ich kein Bargeld mehr bei mir hatte und ihm somit noch nicht einmal wenige Euro hätte geben können, wenn es zum Äußersten käme. 

Die einzige Aktion, die mir in diesem Moment als sinnvoll erschien, war, mich zuerst an meinem Handy zu Schaffen zu machen und dann irgendwie die Flucht zu ergreifen; Mister Fear mit Ignoranz zu begegnen. Meine Gedanken waren schon ganz zerfressen von der Tatsache, dass ich ihm schutzlos ausgeliefert sein würde. Was sollte ich schon gegen einen Hünen ausrichten, dessen Schultern doppelt so breit waren wie meine?
In meiner Clutch, welche farblich perfekt zu meinem Outfit abgestimmt war, hatte mein Pfefferspray schlichtweg keinen Platz mehr gefunden. So etwas bereut man natürlich immer im Nachhinein und ich hoffte inständig, für diesen Fehler nicht bestraft zu werden.

Mittlerweile konnte ich keinen Hehl mehr daraus machen, dass ich mich verfolgt fühlte. Ich geisterte durch das unübersichtliche Gebäude, hektisch und auf der Suche nach anderen, vertrauenswürdigen Reisenden, wobei mich jeder Schritt der schweren Stiefel von Mister Fear innerlich geißelte. Ich wusste, dass er noch immer hinter mir war. 
In seinem Rausch begann er sogleich, wieder auf mich einzureden. Meine Atmung beschleunigte sich, nun rannte ich fast. Ich hechtete zum Ausgang des Gebäudes, in der Hoffnung, ein Taxi vorzufinden - koste es was es wolle.
Doch da war kein Taxi, da war nur ein großer, unbeleuchteter Parkplatz, der an eine kleine, parkähnliche Anlage anschloss. Dummerweise leuchtete genau hinter dem Park das ersehnte U - Bahnschild auf. Mister Fear war mittlerweile nicht mehr so gut auf mich zu sprechen. Er war dazu übergegangen, mich zu provozieren, mich zu beleidigen und sog meine Angst scheinbar durch alle Poren seines Körpers auf. Er genoss es sichtlich, mich vor sich herzutreiben. 

In meiner Panik tippte ich wild auf meinem Handy herum, wobei ich durch Zufall sah, dass Mister atTENTion gerade online war. Ich kann an einer Hand abzählen, wie oft ich Mister atTENTion bisher ohne Abmachung telefonisch kontaktiert hatte, doch in diesem Moment musste er mir einfach beistehen. Schließlich plagte mich die Angst schon so sehr, dass mein Gedanken wie gelähmt waren und mir das Wasser in die Augen stieg. Und nirgendwo war eine andere Menschenseele sichtbar. Alles war dunkel, verlassen und schwer einsehbar. Obwohl Mister atTENTion nur zwei Sekunden zuvor noch online war, hielt er es nicht für nötig, an sein Telefon zu gehen. Mister Fear hatte mittlerweile weiter zu mir aufgeschlossen und mir unmissverständlich klar gemacht, dass ich durchaus seinem Frauentyp entspräche. 
Ich umklammerte meinen Schlüssel und mein Handy, wobei ich mich auf einen Angriff vorbereitete. Immer wieder drehte ich mich beim Laufen um und musste feststellen, dass kaum mehr Platz zwischen Mister Fear und mir lag. Er hatte aufgeschlossen.
Die wildesten Kampfszenen reihten sich vor meinem inneren Auge aneinander, ich versuchte mich, auf die Grundkenntnisse der Selbstverteidigung zu besinnen, die mir einmal beigebracht worden waren und tippte die Nummer des Notrufs ein, um jederzeit wählen zu können.

Endlich hatte ich die Treppe zur U - Bahn erreicht und endlich erblickte ich Passanten, die ebenfalls auf die Bahn zu warten schienen. Ich stürzte mich förmlich auf einen jungen Mann, der an der Haltestelle saß und zitterte nach wie vor am ganzen Körper. Inständig hoffte ich, dass Mister Fear nicht die gleiche Bahn nehmen würde, oder zumindest nicht mit mir aussteigen würde. Dann erwartete mich nämlich eine längere Reise durch mein Viertel, welches ebenfalls nicht zu den ungefährlichsten Wohngegenden hier zählt. 
Mister Fear lungerte immer noch in unmittelbarer Nähe, die Anwesenheit der anderen Menschen und die Überwachungskameras schienen jedoch ihre Wirkung zu zeigen. Als die Bahn kam, stieg ich ein und lief schnurstracks zum Fahrer, wo ich den sichersten Platz vermutete.

Als der Zug anfuhr konnte ich sehen, dass Mister Fear am Bahnsteig zurückgeblieben war. Ein wahrer Felsbrocken fiel mir vom Herzen, ich konnte mich endlich in Sicherheit wähnen. Nicht auszudenken, was gewesen wäre, wenn Mister Fear in seinem Zustand die Nerven verloren hätte!
Den gesamten restlichen Heimweg strafte ich mich innerlich für meine Naivität und meine Gutgläubigkeit (die beide Schuld daran hatten, dass ich nachts ohne Pfefferspray in einer       -noch - fremden Stadt umhergondelte). Doch auch Mister atTENTion ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Die ganze Woche war er schon ignorant gewesen und nicht auf mich eingegangen; ich hatte die ganzen letzten Tage schon den Eindruck, als wolle er nichts mehr von mir wissen. Doch zumindest in einer solchen Situation (ich hatte ihm 3 Nachrichten geschrieben und mehrfach versucht, ihn zu erreichen), könnte man sich einmal um mich sorgen. Scheinbar kann ER das nicht. Ich kann kaum formulieren, wie asozial ich solch ignorante Verhaltensweisen finde und ich kann es nicht fassen, wie sehr ich mich in diesem Menschen wohl getäuscht haben muss. Innerlich aufgewühlt und auf eine bestimmte Art und Weise gebrochen erreichte ich schließlich die Haustüre. 

Mein Adrenalinspiegel senkte sich erst Minuten später.
Es war alles noch einmal gut gegangen.
Mister Fear konnte/wollte mir glücklicherweise nichts antun.
Aber Mister atTENTion hatte sich derart unmenschlich verhalten, dass ich mich noch immer über ihn ärgere. Ein egoistisches Arschloch war er in dieser Situation gewesen - ignorant und unverantwortlich. Für solche Verhaltensweisen habe ich in meinem Leben keine Poleposition reserviert (außer die direkt zur Hölle vielleicht).

Erkenntnisse einer Nacht, die ich lieber nicht gemacht hätte.


2012/10/20

be aware

You cannot fly
while touching the ground
you have to be free in mind
to find this out.

You cannot believe
in an upcoming storm or
in anything you don't want to see
that's for sure.

You cannot live
your heart enclosed by a curse
a fairy tale that ends before  it begins
is even worse.

You cannot hold
anyone tight in your arms tonight
- when one doesn't want to take part
it can't be right.

You cannot expect
anything from the short word "love"
when your counterpart is not "in"
Be aware thereof!




2012/10/18

Miss bittersweet - sth: The Grinch

Wir schreiben den 17.10.2012; es ist ein milder Herbsttag, an dem die bunt gefärbten Blätter sich schweren Herzens von den Ästen lösen um im leicht vernebelten Straßennetz der Stadt von gehetzten Passanten mit Füßen getreten zu werden. Mit Füßen getreten wird meiner Auffassung nach jedoch die gesamte Jahreszeit des Herbstes. 

Die Kürbisse, die frischen Rüben und die prallen Äpfel im Supermarktregal verblassen schon seit Anfang September neben knusprigen Lebkuchen, Marzipanstangen und süßen Dominosteinchen. In der Dekorationsabteilung müssen sich Kastanien bereits mit kitschig funkelnden Christbaumkugeln messen und Kerzen mit "Weihnachtsduft" greifen die feine Nase in der Drogerie an. In den Schaufenstern wird mit Rabatten geworben, die "NUR NOCH" bis Weihnachten gelten werden (was immerhin noch über 2 Monate entfernt liegt) und überall locken die wildesten Weihnachtsschnäppchen im Weihnachtsdesign.

Wer jetzt noch keinen Weihnachtsstaubsauger hat, muss sich wirklich glücklich schätzen, wenn er in wenigen Tagen noch begehrtes Exemplar der streng limitierten Serie erstehen kann! Auch die Weihnachtsfensterbretter und die Weihnachtsrasenmäher sind schon genauso vergriffen wie die Weihnachtszeckenzange! Der Weihnachtsnasenhaarepilierer ist weltweilt leider ausverkauft! 

Lieber Leser, wie Sie sich anhand der Überschrift schon zusammenreimen können, bin ich ein bekennender Grinch.
Ich bin zwar nicht grün und wohne in keiner Berghöhle, doch ich wünsche mich im jährlich wiederkehrenden Zyklus dorthin, um dem gigantischen und so aberwitzigen Weihnachtstrubel zu entkommen.
Oftmals habe ich versucht zu ergründen, woher meine Mitmenschen die Passion für dieses grausame Konsumspektakel nehmen, das längst nicht mehr der Religion (alleine) zuzuschreiben ist.

Ein Argument meiner Bekannten war, dass die Weihnachtszeit so unglaublich romantisch sei.
Ich muss wohl ein nicht ganz so gängiges Bild von Romantik haben, denn

1. finde ich überfüllte Plätze mit provisorisch errichteten Holzhütten, über denen sich der Duft von überfetter Bratwurst mit dem von Lebkuchen und Zuckerwatte vermischt, und auf welchen sich Menschenmassen mit Glühwein ins Delirium saufen - NICHT ROMANTISCH.

2. finde ich neonpinke Kitsch - LED - Lichterketten, die ganze Straßenzüge unter sich begraben und die unnatürlichsten Lichtverhältnisse schaffen - NICHT ROMANTISCH.

3. finde ich tote Bäume, die unter oben erwähnten neonpinken Kitsch - LED - Lichterketten gepaart mit bonbonfarbenen zerbrechlichen Glitzerkugeln und tonnenweise Lametta fast zusammenkrachen - NICHT ROMANTISCH

4. finde ich das zwanghafte Suchen nach einem Geschenk, welches sowohl das Präsent vom Vorjahr, von der Schwiegermutter, von der Oma dritten Grades, vom heimlichen Verehrer aus der achten Klasse, vom netten Nachbarn von nebenan, von der Schwester, vom betuchten Onkel aus Übersee und vom besten Freund aus Studienzeiten in JEDEM Fall überbieten muss - NICHT ROMANTISCH

5. finde ich Spendengalas, bei denen Z  - Prominente ihr Image aufzubessern versuchen, indem sie die gemachten Möpse (5000€), die aufgespritzten Lippen (1000€), die Louboutins (1300€ - okay an dieser Stelle spricht der Neider aus mir) und die Armani - Robe (14 000 €) gleichzeitig in die Kamera strecken, um von den gutgläubigen Zuschauern zu Hause Spenden in der Höhe von 5 Euro pro Anruf einzunehmen - NICHT ROMANTISCH

Ich könnte die Liste unendlich so weiterführen. Wie ich es auch drehe und wende - ich finde einfach nichts Romantisches an diesem Fest, das inoffiziell am 1. September eines jeden Jahres beginnt und bis zum 26.12. seine Tentakeln nach unserem Geld und unserem Gewissen ausstreckt. 

Ich bin -wie bereits erwähnt- bekennender und im Rahmen meiner Möglichkeiten auch praktizierender Grinch. Vor meiner erzkatholischen Großmutter, die sich bei fortgeschrittenem Alter noch immer guter Gesundheit erfreut (was sie ihrer Meinung nach ihrem regelmäßigen Bibelstudium zu verdanken hat) gehört es sich nun einmal, sich für wenige Stunden die grüne Farbe von der Seele zu kratzen und den Grinch vor der Tür zu lassen. 

Und wenn ich das überstanden habe, ziehe ich mich mit einer großen Packung Weihnachtsantibiotikum, einer Hand voll Weihnachtsblutorangen und einer Familienpackung Weihnachtsaggressionen in mein kuscheliges Bett zurück und träume von einem wirklich romantischen Weihnachten (mit Sonne, einsamer Zweisamkeit, Ruhe und Seelenfrieden), welches dann vielleicht unter Umständen gegebenenfalls auch ein grünes Grinch - Herz überzeugen könnte...

Bis dahin...
ICH BIN EIN GRINCH, HOLT MICH HIER RAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAUS!